Seiten

Freitag, 31. Januar 2014

Alles eine Frage der Zeit

Mittags im Acquarello (übrigens eine kleine Gewohnheit, die ich nur empfehlen kann) ­– als italienische Verschnaufpause ein-, zweimal im Monat ist das ein kleiner Luxus, der das Leben durchaus ein wenig leichter macht. Mario serviert eine Amuse-Gueule von der  Aubergine ­– als Praline! Augen schließen und langsam begreifen: Auch das kann Aubergine sein. Und es waren nicht wenige, die ich, mal mit mehr, mal mit weniger Genuss, gegessen habe. Die besten Auberginen, die man Mario jemals serviert hat, erzählt er, gab’s in der Türkei. Ohne viel Schnickschnack, ein bisschen Rosmarin, ein wenig Thymian, dazu frisches Brot – selbst darauf hätte er verzichten können. Diese Auberginen durften zur richtigen Zeit einfach so herangewachsen, im richtigen Klima, und waren geerntet worden, als sie reif dafür waren. Und: Er hat sie dort gegessen, wo sie so schmecken, wie sie schmecken sollen. Im scheinbar einzigen Moment – die Luft, die Atmosphäre, dieser Augenblick des Daseins und Innehaltens … Eine Gabel bitte, und nichts weiter als das pure, sanfte und dennoch gewaltige Aroma der Aubergine auf der Zunge zergehen lassen. So sinnlich, wie sie aussieht, schmeckt sie auch.


Natürlich, sagt er,  natürlich Maria, kannst Du eine ganze Menge mit ihr anstellen. Aber es ist wie mit den Menschen. Ziel ist, sie auf alle Fälle immer sie selbst sein lassen. Viel zu oft wird sie kaputt gekocht mit Gewürzen und Zutaten, sodass man nur noch leise erahnen kann, worum es eigentlich geht. Dabei wäre doch alles, was uns die Aubergine wirklich abverlangt, ein bisschen Zeit. Ja, die wollen wir ihr geben, auf dem Herd, im Ofen, beim Durchziehen. Sie braucht dabei ja noch nicht mal unsere Gesellschaft, sie will nur ordentlich und in Ruhe das Beste aus sich rausholen. Also: klein anfangen. Mit einer geschmorten Aubergine, zum Beispiel – streichelt Augen und Gaumen gleichermaßen und lässt uns erahnen, was Mario meint. Und vermutlich geht’s Ihnen danach wie mir – Sie wollen mehr dieser Explosionen, und immer wieder neu und anders … Zum Glück geht es Mario genauso. Und sobald er unterwegs ist, sieht und schmeckt und riecht, ist das Inspiration für ihn. Die er auf dem Teller bringt. Danke!

Für die Aubergine:
2 Auberginen
50 g Estragon
50 g Basilikum
12 Sellerieblätter
50 g Shiso Kresse
50 g Mehl
Olivenöl
Fleur de Sel

Für die Auberginencreme:
1 Aubergine
1 Zweig Rosmarin
1 Zweig Thymian
Saft einer halben Zitrone
Salz
Olivenöl

Für das Pesto:
100 g Basilikum
100 ml Olivenöl
Salz

Für die Joghurtsauce:
100 g Joghurt
Salz, Pfeffer und Zitronensaft

Für die Chips:
1 Baby-Aubergine
1 Apfel (Granny Smith)
100 g Parmesan (Stück)
50 g Zucker
100 ml Wasser
Zitronensaft


Zubereitung:

Die Auberginen waschen, halbieren und salzen. Die Spitzen der Kräuter abzupfen und für die Garnitur beiseite legen. Die Auberginen mit kaltem Wasser abwaschen, trocken tupfen und die Schnittfläche mit restlichen Estragon- und Basilikumzweigen bedecken. Bei 85 °C drei Stunden im Ofen garen. Die Auberginen mehlieren und in einer heißen Pfanne von beiden Seiten anbraten.


Für das Pesto die Basilikumblätter mit Parmesan, Salz und Olivenöl mit einem Zauberstab pürieren.

Für die Joghurtsauce alle Zutaten mit einander vermischen.

Für die Auberginencreme die Aubergine schälen und klein schneiden und mit den Kräutern in Olivenöl anschwitzen. Die Auberginen (ohne Kräuter) in eine Schale geben und mit einem Zauberstab pürieren. Die Masse mit Salz und Zitronensaft abschmecken.

Für die Chips den Ofen auf 180 C° vorheizen (Ober- und Unterhitze). Ein Backblech mit Backpapier auslegen. Den Parmesan mit Hilfe einer Aufschnittmaschine in hauchdünne Scheiben schneiden. Auf das Blech legen und in den Ofen schieben, ca. 4 Minuten backen.

Das Wasser mit Zucker und Zitronensaft aufkochen und zur Seite stellen. Die Aubergine und den Apfel mit der Aufschnittmaschine in ein Millimeter dünne Scheiben schneiden und in den warmen Läuterzucker geben, ca. 20 Minuten ziehen lassen. Die Scheiben in einer Silikonbackform im Ofen auf 50 C° ca. 12 Stunden trocknen.



Anrichten

Zuerst das Pesto auf einem Teller mittig im Zickzack auftragen, am besten mithilfe eines Pinsels oder Löffels. Neben das Pesto punktieren Sie die Joghurt- und die Auberginencreme abwechselnd. Die gebratene Aubergine auf das Pesto setzen und mit den Kräuterspitzen, der Kresse, den Sellerieblättern und den getrockneten Chips garnieren. Nach Belieben mit essbaren Blüten dekorieren. 


Freitag, 17. Januar 2014

Laib der Seele


Nein, das ist keine besonders poetische Überschrift. Nicht, dass ich mich nicht gern mit diesen Federn schmücken wollte. Aber es sind Bilder, die Mario so ganz nebenbei malt. Ich wollte wissen, was sein Brot mit mir macht, das – ohne Übertreibung – bei mir so sehr Süden und Urlaub heraufbeschwört wie kaum etwas anderes. Das schafft selbst so manches gute Olivenöl nicht in diesem Maß. Und weil Mario keiner ist, der einem nur einen philosophischen Brocken bzw. Krumen hinwirft, macht er weiter: Maria, du kennst das italienische Sprichwort, das sagt „Du bist gut wie das Brot“? Bin ich ganz sicher, kenn ich aber nicht! Aber ich will Marios Ernst bei der Sache gar nicht unterbrechen. Er spricht von Ursprung, von Charakter, und wie Mensch und Brot dadurch in Verbindung seien. Einfachheit und Bodenständigkeit, das zeichne gutes Brot aus, aber auch den Menschen. Schau dich um, Maria, was ist aus dem archaischen Produkt, das Leben verkörpert, geworden? Es gibt kaum mehr gutes Brot. Und warum? Weil keiner mehr Zeit hat zu warten. Darauf, dass sich Hefe und damit das Brot entfalten kann. Und was ist das Ergebnis? Alle klagen über Unverträglichkeiten. Er hat recht. Das Brot hat seinen Wert verloren. Und das, Marinella, obwohl Brot wie Musik ist. Wie jetzt? Korn und Ähren, das ist doch Erde, nicht so was Flüchtiges wie Musik!? Das stimmt schon, Maria, aber Musik und Brot – sie schwimmen beide an der Oberfläche. Und gehen dabei doch beide so sehr in die Tiefe.


Und während ich mich durch das Körbchen futtere,  holt Mario noch einmal aus, und ich merke, wie sehr ihm das Thema am Herzen liegt. Früher schon, da hat er einmal zu mir gesagt, am Brot eines Restaurants erkenne man die Einstellung eines Kochs  zum Lebensmittel, und dass das Brot auf die Identität eines Restaurants schließen lasse. Da ist schon was dran. Brot, Maria, ist nicht umsonst Grundnahrungsmittel, weltweit und seit der Mensch denken kann. Es ist die Verbindung zwischen Geist und Seele, Kommunion im eigentlichen Sinn, Gemeinschaft. Und die Quintessenz der Geschichte. Allein die Symbolik, das Brot zu brechen und zu teilen … Nein, keine Sorge, wir haben uns nicht mehr bis ins Alte Testament verplaudert. Nur eines noch: Maria, sagt Mario, spina di grano, das ist in Italien ein Symbol für das Leben, es bringt Glück … Stimmt, unterbreche ich ihn ganz unfein, schau mich an, Mario, dein Brotkorb ist leer und ich bin – ja was wohl: sehr, sehr glücklich. Mit starker Tendenz zur Seligkeit …


Das Grundrezept für 4 Stangen Italienisches Weißbrot

560 ml Wasser
60 ml Olivenöl
1 Würfel Backhefe
930 g Mehl
310 g Weizenmehl Typ 00


Die trockenen Zutaten mischen. Die Hefe in lauwarmem Wasser auflösen und die Flüssigkeit zu den trockenen Zutaten dazugeben. Alles vermischen und durchkneten. Den Teig bis zu einer Stunde gehen lassen. Den Backofen auf 230 Grad vorheizen. Ausrollen und nochmals gehen lassen. Dann zu 4 dünnen Baguettestangen formen und in den Backofen schieben. (Natürlich sind hier beispielsweise auch kleine Brötchen statt Brotstangen möglich). Bei 230 Grad ca. 9 - 12 Minuten backen lassen.




Für das Tomatenbrot oder das Olivenbrot werden diese in gehakter Form hinzugefügt.