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Freitag, 14. Februar 2014

Unser Mann aus Bergamo

Mario hat mich eingeladen. Maria, fragt er, kannst Du früh aufstehen? Kommt darauf an, wofür, sag ich. Und als hätte er nicht gewusst, dass er mich damit auch zu nachtschlafender Zeit kriegt, notfalls auch schlafwandelnd: Großmarkthalle, Donnerstag, 7 Uhr. Also: Nichts lieber als das! Und ich sehe mich schon Kisten schwingen – Großeinkauf fürs Acquarello. Aber: von wegen! Die Mengen sind erstaunlich überschaubar. Aber Maria, sagt er, zu viel einzukaufen, das wäre doch, als würde ich Geld wegwerfen. Tatsächlich aber ist es eine Sache des Respekts vor den Produkten. Und, erklärt Mario weiter, so bin ich nicht gezwungen, darüber nachzudenken, ob ich am nächsten Tag eine Füllung aus den Sachen machen muss, die übrig bleiben. Ganz schön entspannt, denke ich mir, als er sagt, es sei bei ihm eher die Gefahr, dass die Produkte am Sonntag ausgehen. Was machst Du dann? Maria, das ist noch nie passiert, grinst er. Wenn ich daran denke, was bei mir so übrig bleibt, wenn ich große Einladung mache …


Aber jetzt geht Mario erst mal auf die Suche, wie jeden Montag und Donnerstag, immer mit ein, zwei Leuten aus der Küche. Und die wissen augenscheinlich sehr genau, was sie wollen. Mario hingegen schlendert, schaut, riecht, probiert. Aber eigentlich, so verrät er, während er in einen Apfel beißt, eigentlich such ich Maronenkartoffeln. Was nun, Mario, willst du Maronen oder Kartoffeln? Eins zu null für ihn – er will beides, in einem. Marinella, Du glaubst nicht, wie die schmecken. Ein Aroma, wie man es nur selten bekommt. Ja, aber anscheinend bekommt man sie selbst auf dem Großmarkt nur selten. Du musst nur dranbleiben, den Leuten immer wieder auf die Nerven gehen. Irgendwann hast du sie! Glaub ich ihm aufs Wort.


Das gleiche ist es mit den Bergamotten, sagt er und wechselt die Richtung – ich zum Glück an seine Fersen getackert. Da musste er wochenlang fragen, wieder und wieder. Und während ich mich bemühe, bei seinem Zickzackkurs (zum Glück wird er immer wieder begrüßt und umarmt und ins Gespräch verwickelt) mithalten zu können, sickert es langsam in meinen Kopf, was mich irgendwie beschäftigt hat: Natürlich will der Mann Bergamotten! Warum? Weil die beiden dieselbe Heimat haben: Bergamo. Klar! Und wir haben Glück! Bergamotten, sogar in Bio-Qualität. Und was macht er nun damit? Fürs Schnitzel (übrigens eines seiner Leibgerichte!) wird er sie nicht nehmen!


Also Maria, was glaubst du? Im Sommer: ein Sorbet natürlich, weil mehr Sommer bekommst Du nicht an den Gaumen. Und jetzt, Mario, was mach ich im Februar daraus? Eine kleine Offenbarung, Maria ­– Hummersalat mit Bergamotte-Mayonnaise. Ja, kann man machen, denke ich mir. Weil aber Mario nun mal so ist, wie er ist, lädt er mich noch einmal ein: zu sich ins Lokal, der Offenbarung wegen. Und kaum hab ich gewagt, dieses kleine blüten- und blätterverzierte Kunstwerk anzutasten, kaum zergeht das zarte Hummerfleisch, getunkt in Bergamotteschaum auf meiner Zunge, ahne ich den Himmel. Bis ich zur Mayonnaise vordringe, Moment ... da, schon wieder: Der Himmel, er kommt näher ...


Hummersalat mit Bergamotte-Mayonnaise


Für den Hummersalat:
4 Hummer, ausgebrochen und vorgegart
50 g Butter
Fleur de Sel
Kleine Sprossen und Blüten
Ingwerdressing
Bergamotte-Mayonnaise
Bergamottenschaum

Für die Bergamotte-Mayonnaise:
2 Eigelb
100 ml Sonnenblumenöl
50 ml Sahne
2 Limetten
Bergamottenabrieb
Salz

Für den Langustenfond:
200 g Langustenkarkassen
1 Schalotte
50 g Karotten
50 g Staudensellerie
1 EL Tomatenmark
½ EL Curry
½ Banane
2 Stangen Zitronengras
2 L Wasser

Für den Bergamottenschaum:
1 Schalotte
2 EL Noilly Prat
100 ml Weißwein
400 ml Langustenfond
200 ml Sahne
30 g Butter
Salz, Zucker
1 Bergamotte

Für das Ingwerdressing:
45 g Ingwer, geschält
12,5 g Zwiebel, weiß, geschält
7,5 g Staudensellerie, geputzt
32,5 g Sojasauce
32,5 g Japanischer Essig
150 g Pflanzenöl
Salz und Zucker

Für die Bergamotte-Mayonnaise die Eigelbe in eine Schüssel geben und nach und nach das Öl einrühren, die Sahne hinzugeben. Die Schale der Limetten abreiben, eine Limette auspressen und in die Mayonnaise geben (die andere Limette für den Salat beiseite legen). Mit Bergamottenabrieb und Salz abschmecken, kalt stellen.

Für den Langustenfond die Langustenkarkassen zusammen mit einer Schalotte, den Karotten und dem Staudensellerie anrösten. Tomatenmark und Curry  hinzugeben, kurz mit anrösten und mit Wasser aufgießen, die Banane und das Zitronengras hinzugeben. 40 Minuten köcheln und fein abpassieren.

Für den Bergamottenschaum die Schalotte anschwitzen, Noilly Prat und den Weißwein hinzugeben, alles einkochen bis nur noch die Schalotten übrig  sind. Dann mit Langustenfond aufgießen, aufkochen, die Sahne und die Butter untermixen. Am Schluss mit Salz, Zucker und dem Abrieb einer Bergamotte abschmecken.

Für das Ingwerdressing Ingwer, Zwiebel, Staudensellerie, Sojasauce, Essig und Öl fein mixen und mit Salz und Zucker abschmecken. Die Sprossen und Blüten damit marinieren.

Die übrige Limette schälen, filetieren und mit Olivenöl und Fleur de Sel marinieren. Den Hummer in gleichmäßige Medaillons schneiden und vorsichtig in der Butter erwärmen, mit Fleur de Sel würzen. Die Mayonnaise in die Mitte der Teller geben, je drei Limettenfilets darauf geben, den Hummer verteilen und mit marinierten Sprossen und Bergamottenschaum garnieren. 

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